Dienstag, 9. Februar 2010

Schamanismus und Traum - Einleitung (4)

Im Schamanismus gibt es nun eine besondere Traumkultur: Hier ist der Traum das Devinationsintrument par excellence, und er gilt ebenso wie die Trance als Ort des Kontaktes mit den Geistern. Meist sind Schamanen für ihre Gruppe zentraler Angelpunkt zwischen der wachen Welt und der Traumwelt; sie träumen entweder der stellvertretend für das Kollektiv, oder sie müssen Träume ihrer Leute interpretieren und allenfalls mit rituellen Vorkehrungen darauf reagieren.



Nun treten aber die Träume der Schamanen nicht nur spontan und autonom auf wie die unseren, sie sind oft absichtlich herbeigeführt, und die Schamanen können deren Geschehen willentlich steuern. Wie dies im Prinzip allen Menschen möglich wäre, einige Begabungen vorausgesetzt, werde ich im vierten Kapitel aufzeigen.


Zum besseren Verständnis des geschilderten Traumgeschehens und seiner Relevanz für uns werde ich im Folgenden die Traumtheorie Sigmund Freuds und C.G. Jungs kurz skizzieren.

Freud befasste ich vor allem mit den >> seelischen Verkrümmungen <<, die die Prüderie der viktorianische Moralvorstellungen seiner Zeit in den Menschen verursacht hatten. Damit haben zwar indigen Schamanen kaum etwas am Hut, aber Freuds Traumverständnis soll hier dennoch erwähnt werden.


Für Freud ist der Traum einer Erfüllung von unbewussten, weil verdrängten infantilen Wünschen. Sogar Unlustträume sieht er so, weil die Wunscherfüllung einen peinlichen Affekt wie etwa Scham auslöst. In der Regel wird dieser Affekt durch ein Traumzensur verhindert, die keine verbotenen Wünsche in den manifesten Traum gelangen lässt.

Diese Wünsch werden auf diese Weise durch Verschiebung und Verdichtung in eine andere Form gebracht, die für den Träumer annehmbar ist, so dass sein Schlaf nicht gestört wird. Freud unterscheidet zwischen den manifesten Trauminhalt (dem erinnerten Traumgeschehen) und den latenten Traumgedanken (den dahinter liegenden Wunschgedanken), die durch die Deutungen erschlossen werden müssen. Er betont sehr stark die sexuellen Triebwünsche im Traum und sieht die Deutungen ausschließlich unter einen kausalen Aspekt, d.h., er erkennt aus Konflikten und Verdrängungen der Vergangenheit mit Hilfe des Kontextes des Uraschen gegenwärtiger Neurosen.

C.G. Jung hat sich viel mit Schamanismus und Religionsgeschichte beschäftigt, er hat unsere psychischen Wurzeln erforscht und neue Zugänge zu ihnen erschlossen, die enge mit dem Schamanismus verwandt sind. Mit diesen Analogien habe ich mich in diesem Buch ebenfalls befasst, weil dieser Weg für uns ohne weiteres zugänglich ist.